Eine Woche im Europäischen Parlament - mein Assistent berichtet
Montag
Wie immer geht die Woche ruhig los: die Abgeordneten kommen gegen Mittag in Brüssel an, vorher gibt es noch keine offiziellen Termine. Ulrikes Flug geht um 11:30 ab München, sie wird um kurz nach 13 Uhr bei uns im Büro ankommen. Also bei einem Kaffee einen Blick in den Terminkalender werfen und planen, wie die Woche laufen wird. Der Kalender sagt, es wird wieder anstrengend. Gerade werden viele Themen gleichzeitig verhandelt, wir müssen uns also als Team gut einteilen. Auch wenn man manchmal den Eindruck gewinnt: Ulrike kann nicht an zwei Orten gleichzeitig sein.
Zu viel Zeit bleibt für die Planung aber nicht, denn ab dem frühen Nachmittag geht es um die Neufassung der Trinkwasserrichtlinie. Hier vertritt Ulrike unsere Fraktion in den Verhandlungen, und die sind in vollem Gange. Um 13 Uhr habe ich eine Vorbesprechung mit unserer Fraktionsreferentin, anschließend treffen wir uns in einem „technischen Treffen“, also auf Mitarbeiterebene mit den Vertretern der anderen Fraktionen, um die Verhandlungen der zuständigen Abgeordneten am Mittwoch inhaltlich vorzubereiten. Das heißt, Ulrike sehe ich erst am frühen Abend.
Dienstag
Ulrike muss um 10 Uhr zu einer Verhandlung bezüglich der Gemeinsamen Agrarpolitik. Daran arbeitet meine Kollegin, die beiden sind ab 9 Uhr damit beschäftigt, ihre Position vorzubereiten. Ich kann also den Vormittag im Büro nutzen, um mein nächstes technisches Meeting zur Trinkwasserrichtlinie vorzubereiten. Gestern sind wir damit nicht fertig geworden. Nach der Mittagspause bin ich dann erst mal mit diesem Meeting beschäftigt. Währenddessen leitet Ulrike als Fraktionssprecherin für Agrarpolitik die interne Vorbesprechung zu der Sitzung des Agrarausschusses am Mittwoch. Direkt danach trifft sie eine Referentin der Bayerischen Vertretung - der direkte Austausch zwischen Europäischem Parlament und bayerischer Landespolitik funktioniert nicht nur, weil die Vertretung aus dem Fenster unseres Büros zu sehen ist. Am späten Nachmittag haben wir dann endlich Zeit für eine Bürobesprechung. Diese Woche fängt eine neue Praktikantin an, die können wir jetzt endlich richtig willkommen heißen.
Mittwoch
Hoffentlich klappt heute alles, der Kalender ist von 9 bis 18:30 Uhr ohne Pause durchgetaktet. Am Vormittag findet eine Sitzung des Agrarausschusses statt, ebenso am Nachmittag. Dann wird auch gleichzeitig der Umweltausschuss tagen. Zwischen den Vor- und Nachmittagssitzungen findet eine Verhandlungsrunde zur Trinkwasserrichtlinie statt, diesmal auf politischer Ebene. Ulrike muss also dabei sein. Da wir an den vorherigen beiden Tagen unter den Mitarbeitern bereits viele Punkte diskutiert haben, muss ich Ulrike vor diesem Meeting auf den neuesten Stand bringen. Auch wenn im Agrarausschuss die Haushaltsdebatte und später einige Abstimmungen und eine Sitzung der Fraktionssprecher stattfinden, müssen wir das noch einschieben. Für Ulrike bedeutet das Stress: sie muss ständig zwischen Büro und Ausschussaal wechseln. Gut, dass ihre Redebeiträge für den Ausschuss schon vorbereitet sind und die Kollegin aus dem Ausschuss Nachrichten schickt, wenn Ulrike sprechen muss.
Um 12:30 Uhr beginnt die Verhandlungsrunde zur Trinkwasserrichtlinie. Ulrike kommt direkt aus dem Ausschuss, wir treffen uns also erst im Saal. Ich bin immer wieder erstaunt, wie schnell sie zwischen den Themen umschalten kann. Eben noch im Agrarausschuss, ist sie jetzt voll in den Verhandlungen.
Auch danach gibt es keine Pause, heute müssen wir mit den Tagungskeksen auskommen. Direkt im Anschluss werden nämlich die Ausschusssitzungen wiederaufgenommen. Im Agrarausschuss geht es unter anderem um die Stellungnahme zur Entwicklung des allgemeinen Lebensmittelrechts sowie um die Stellungnahme zur Umsetzung der Pflanzenschutzmittelverordnung. Beides sind Themen, an denen wir intensiv arbeiten. Im Umweltausschuss werden die Richtlinien zu Einwegplastik und zu CO2-Grenzwerten für LKW ausgesprochen. Ulrike wird also wieder zwischen den Ausschüssen wechseln müssen, um an allen Debatten teilnehmen zu können. Wir Assistenten schreiben dann in beiden Ausschüssen mit, wenn Ulrike nicht da ist. Ich bin froh, wenn dieser Tag vorbei ist und ich endlich essen kann.
Donnerstag
Agrar- und Umweltausschuss tagen am Vormittag wieder parallel. Im Agrarausschuss wird über die Gemeinsame Agrarpolitik debattiert. Da führt für Ulrike als Hauptverantwortliche für einen Teil des Gesetzespaketes kein Weg dran vorbei. Ich werde also den Vormittag im Umweltausschuss verbringen, damit wir nichts verpassen. Am Nachmittag findet noch eine Sitzung des Sonderausschusses für Pflanzenschutzmittel statt, auch hier ist Ulrike als Fraktionssprecherin natürlich dabei. Zwischen den Ausschusssitzungen gehen wir noch einmal schnell Ulrikes Redepunkte durch, die habe ich bereits letzte Woche vorbereitet. Heute haben wir Vertreter der Regulierungsbehörden aus den USA, Kanada und Australien zu Gast um über Unterschiede und Gemeinsamkeiten unserer Zulassungssysteme für Pflanzenschutzmittel zu diskutieren. Ulrikes Rückflug geht um kurz vor 17 Uhr, sie muss also um 15:30 den Ausschuss verlassen. Zum Glück kommt sie mit ihrem Redebeitrag bereits um 15 Uhr dran. Perfekt - die Antworten notiere ich dann. Mit dem Ende der Ausschusssitzung ist der anstrengende Teil der Woche geschafft und die Abgeordneten reisen wieder zurück in ihre Wahlkreise.
Freitag
Freitags ist für uns Assistenten ein dankbarer Tag. Die Abgeordneten sind abgereist, jetzt ist Zeit, Liegengebliebenes zu erledigen und die kommende Woche vorzubereiten. Also schon wieder ein Blick in den Kalender für die nächste Woche. Es müssen wieder „technische“ Meetings vorbereitet werden, außerdem Ulrikes Redepunkte für die nächsten Ausschusssitzungen. Am Vormittag habe ich aber zuerst noch zwei Hintergrundgespräche zu zwei aktuellen Gesetzgebungsverfahren. Der Austausch mit der Praxis ist wichtig, damit wir wissen, worauf zu achten ist. Am Nachmittag folgt dann noch einmal eine Bürobesprechung, diesmal ohne Chefin. Die Pressearbeit für kommende Woche muss noch abgestimmt werden, bevor das Wochenende beginnen kann.